Warum Wissenschaftler Kämpfen im Sportunterricht befürworten |
Das Thema „Kämpfen im Sportunterricht“ löst bei Eltern und Lehrern oft zwiespältige Gefühle aus. Die Kampfsportarten stehen bei einigen Erwachsenen im Verdacht, Aggressionen zu fördern und die Gewaltbereitschaft zu steigern. Doch Ringen und Raufen in der Schule und sogar schon im Kindergarten bauen Aggressionen ab und verbessern die soziale Einstellung der Kinder. „Leider besteht in Deutschland ein weitverbreitetes Vorurteil gegen Kampfspiele. Tatsächlich dienen sie jedoch, wie kein anderes Spiel, dem Aggressionsabbau, der Selbstdisziplin und der Selbstbescheidung“, erklärt Felix von Cube, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Heidelberg. Auch ein gegenüber anderen Sportarten vermeintlich größeres Verletzungsrisiko beim Ringen wird von Kritikern in die Diskussion geworfen. Eine Untersuchung der Orthopäden und Sportmediziner Dr. Horst Cotta und Dr. Klaus Steinbrück zeigt jedoch, dass die Verletzungshäufigkeit bei Sportarten wie Fußball, Handball, Skifahren, Turnen oder Basketball höher liegt als beim Judo oder Ringen.
Kinder erleben beim Raufen und Ringen die eigene körperliche Kraft und Geschicklichkeit sowie die des Gegners.
Mädchen und Jungen unterscheiden sich nicht in ihrer Lust zu kämpfen. Mädchen kämpfen genauso wie Jungen – wenn sie es denn dürfen.
Beim Kämpfen lernen Kinder ihren Körper besser kennen und können so ihre Stärken entwickeln. Einfache Zieh- und Schiebekämpfe reichen dafür schon aus.
Ab dem Alter von sieben, acht Jahren wollen Kinder einander nicht anfassen. Beim Ringen und Raufen geht es deshalb zunächst um den Körperkontakt und weniger um den Kampf. Die eigene Kraft erleben Dr. Harald Lange, Professor für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Sportpädagogik an der Universität Würzburg, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Ringen und Raufen als Schulsport. „Im Sportunterricht sollten Kinder die Möglichkeit haben, sich Herausforderungen und Grenzsituationen zu stellen“, betont er. Das Kämpfen biete sich hierfür geradezu an. Langes Augenmerk liegt zunächst auf einfachen Ring- und Raufspielen, weil Sportlehrer, die selbst keine Kampfsportler seien, die klassischen Kampfsporttechniken aus dem Ringen, Judo oder Karate häufig nicht richtig vermitteln könnten. Einfache Zieh- und Schiebekämpfe reichten jedoch aus, um das Ziel zu erreichen, sagt Lange. Beispielsweise stehen zwei Kinder auf einer Turnmatte, von der sie sich gegenseitig herunterdrücken sollen. Die eigenen Schwächen annehmen Neben Geschicklichkeit verlangt Kämpfen Kondition. „Es ist ein spannender psychischer Aspekt, beim anderen herauszufinden, was er kann und was er macht“, sagt Lange. All das sei der Grund dafür, warum Kinder sich viel lieber im Kampf austobten als in monotonen Trainingseinheiten. Nicht zuletzt sind Ringen und Raufen gute Möglichkeiten, die Langeweile aus den Schulturnhallen zu vertreiben. Da man immer einen Partner brauche, stelle das Kämpfen auch hohe Anforderungen an die sozialen, zwischenmenschlichen Fähigkeiten, sagt der Wissenschaftler. „Das kann Kontaktschwierigkeiten und Distanzprobleme verringern.“ Ring- und Raufspiele könnten den Kindern sogar ein Gefühl von Nähe und Körperkontakt vermitteln. Kinder wollen einander nicht anfassen In Nordrhein-Westfalen müssen die Sportlehrer bereits seit zehn Jahren im Sportunterricht aller Schulformen „Ringen und Kämpfen“ als Pflichtfach unterrichten. Gößling hat gute Erfahrungen damit gemacht, mit den Schülerinnen und Schülern der fünften und sechsten Klassen mit dem Bodenkampf loszulegen. „Die Jüngeren haben viel weniger Hemmungen zu raufen“, sagt der Sportlehrer. „Mit älteren Schülern sollte dagegen zunächst im Stand gearbeitet werden. Da ist der Körperkontakt nicht so groß.“ Einer Unterrichtseinheit Kämpfen müssten unbedingt Vertrauensspiele vorangestellt werden, betont der Experte. Die Sportlehrer stellen fest, dass beim bewussten Zweikampf die Verletzungsgefahr geringer ist als bei Ballsportarten. Vor allem Raufbolde würden sich bei Kampfspielen deutlich fairer verhalten als bei Ballspielen. Konflikte fair regeln Mädchen und Jungen unterscheiden sich nicht in ihrer Lust zu kämpfen. „Mädchen machen das genauso gerne wie Jungen“, weiß Harald Lange. Und sie kämpfen genauso – wenn sie es denn dürfen. „Manche Lehrer trauen es den Mädchen nicht zu und lassen sie deshalb nicht auf die gleiche Weise kämpfen wie Jungs“, bedauert der Sportwissenschaftler. Rein körperlich gesehen seien Mädchen von der vierten, fünften bis zur sechsten Klasse sogar im Vorteil, weil sie in diesem Alter weiterentwickelt und somit stärker seien als gleichaltrige Jungen. Dieser biologische Vorteil werde den Mädchen durch „falsche erzieherische Ansichten“ manchmal genommen, sagt Lange. Kid-Check-Studien bestätigen, dass Kinder, die regelmäßig Kampfsport betreiben, in der Regel fitter als Altersgenossen aus anderen Sportarten sind. Viele Fotos, auf denen Rauf- und Kampfspiele gezeigt und beschrieben werden, gibt es unter der Rubrik „Übungen“ im Artikel „Kämpfen, Ringen, Raufen“. |
Kämpfen, Ringen, Raufen
Bei Zweikämpfen und Kampfspielen mit mehreren Teilnehmern lernen die Kinder
ihre eigene Kraft und Geschicklichkeit kennen sowie die Fähigkeiten der Gegner zu respektieren.
Damit die Mädchen und Jungen in Zweikämpfen ausprobieren können, wo ihre Grenzen liegen,
müssen die Duelle nach strengen Regeln ablaufen.
Mit klaren Vorschriften sind unfaire Attacken und Verletzungen zu verhindern.
Der Beitrag „Stärker und schlauer durch Ringen und Raufen“ in der Rubrik „Wissenswertes“ informiert darüber ausführlich.
Quellen: siehe Artikel „Ist Ringen gefährlich?“ beim Deutschen Ringer Bund
und Artikel „Stärker und schlauer durch Ringen und Raufen“ auf kid-check.de
Genauere Informationen finden Sie hier.